
Tag der seltenen Erkrankungen 2025
Der Tag der seltenen Erkrankungen wurde 2008 ins Leben gerufen, um einen jährlichen Aktionstag zu haben, an dem auf die Bedürfnisse und Lebensumstände von Menschen aufmerksam gemacht wird, die an nur selten auftretenden Krankheiten leiden. Ganz bewusst fand der erste Tag der seltenen Krankheiten am 29. Februar, dem nur alle vier Jahre vorkommenden Schalttag, statt. In allen anderen Jahren – so wie jetzt in 2025 – findet der Aktionstag am 28. Februar statt. Unter anderem hat dieser Tag dazu geführt, dass manche Universitäten eigene Institute für seltene Krankheiten eingerichtet haben und neue, spezialisierte Diagnoseverfahren zu deren Erkennung entwickelt wurden.
Jedes Mal steht dieser Tag unter einem besonderen Motto, um unterschiedliche Aspekte seltener Krankheiten und ihrer Begleitumstände zu beleuchten. Unter dem Motto „Selten allein“ soll Betroffenen Mut gemacht werden, indem sie sich mit anderen Kranken vernetzen und erkennen, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleingelassen werden. So machen viele Erkrankte mit Kunstaktionen und kreativen Selbstporträts am Tag der seltenen Erkrankungen auf sich und ihre Situation aufmerksam und teilen ihre Erfahrungen mit anderen kranken und gesunden Menschen. Die Werke können in der Online-Galerie „Selten allein“ angeschaut werden. Es finden jedoch auch öffentliche Ausstellungen statt – zum Beispiel am 28. Februar am Dresdner Hauptbahnhof.
Welche Krankheiten gelten als „seltene Krankheiten“?
Am Tag der seltenen Erkrankungen geht es um Krankheiten, die so selten sind, dass sie oftmals nicht im öffentlichen Bewusstsein auftauchen. Als „selten“ wird eine Krankheit allgemein eingestuft, wenn im Schnitt von unter 2.000 Personen weniger als eine Person davon betroffen ist. In der EU gilt die Definition, dass seltene Krankheiten weniger als 5 unter 10.000 Personen betreffen. Sind weniger als 0,2 von 10.000 Einwohnern betroffen, gilt eine Krankheit sogar als „äußerst selten“. Momentan sind weltweit etwa 17.000 meist genetisch bedingte seltene Krankheiten bekannt, von denen ca. 5.000 bis 8.000 in Deutschland vorkommen. Weltweit leiden über 300 Millionen Menschen an seltenen Krankheiten. Diese Zahlen machen sofort deutlich, dass es viele verschiedene seltene Erkrankungen und damit auch viele Betroffene gibt, welche die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowie der medizinischen Forschung verdienen.
Gut 72 Prozent der seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt, 70 Prozent von ihnen beginnen bereits in der Kindheit. Auch Krebs-Varianten zählen in diese Bilanz, denn eine von fünf Krebserkrankungen gilt als „selten“. Häufig sind seltene Krankheiten zunächst schwer zu erkennen, weil die Symptome „gewöhnlichen“ Leiden ähneln und sich sogar von Patient zu Patient unterscheiden können. Der Mangel an wissenschaftlicher Forschung und hochwertigem Wissen führt sehr häufig zu Fehldiagnosen oder einer verspäteten Diagnose. Neben hohen Behandlungskosten gehen diese Leiden aufgrund ihres chronischen, progressiven oder degenerativen Charakters oft mit einem Verlust an Autonomie einher und schränken die Lebensqualität und Selbstbestimmung der Betroffenen stark ein.
Zu den seltenen Krankheiten zählen beispielsweise:
- Hereditäre Spastische Paraplegie (HSP): Verschiedene durch Genmutationen ausgelöste, degenerative Krankheiten, bei denen es zu spastischen Lähmungen in den Beinen kommt. Stark Betroffene sind oftmals auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen.
- Ullrich-Turner-Syndrom (UTS): Eine nur bei Frauen auftretende, angeborene Erkrankung, welche eine fehlerhafte Verteilung der Geschlechtschromosomen verursacht, zur Fehlbildung von Organen und zum Kleinwuchs führen und Schwangerschaften unmöglich oder zumindest äußerst risikobehaftet machen kann.
- Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS): Sammelbegriff für eine Reihe von angeborenen Krankheiten, welche sich als Störungen im Bindegewebe manifestieren. Typisch sind beispielsweise überbewegliche und dadurch instabile Gelenke. Doch auch Haut, Muskeln, Sehnen, Gefäße und innere Organe können betroffen sein und durch spontane Rupturen sogar das Leben der Betroffenen akut bedrohen.
- Guillain-Barré-Syndrom (GBS) Eine neurologische Erkrankung, welche Entzündungen des peripheren Nervensystems verursacht – bevorzugt an den Nervenwurzeln des Rückenmarks. Ausgelöst durch Bakterien oder Viren, lässt sich ein korrekt diagnostiziertes GBS behandeln. Dennoch bleiben bei einem Fünftel der Betroffenen neurologische Störungen wie akute Muskelschwächen oder Lähmungen zurück.
- Willebrand-Jürgens-Syndrom: Eine sogenannte hämorrhagische Diathese. Wer an dieser seltenen Krankheit leidet, besitzt eine gestörte Blutgerinnung, weshalb Blutungen oft erst nach langer Zeit nachlassen. Vor allem bei weiblichen Patienten zeigen sich häufig großflächige Hämatome.
- Friedreich-Ataxie (Morbus Friedreich): Eine degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, welche vor allem in jungen Lebensjahren ausbricht. Konkret kommt es vor allem zu einer Gewebeverhärtung der Nervenleitungen zwischen Rückenmark und Kleinhirn sowie der Hinterstrangbahnen. Langsam einsetzend und schwer zu erkennen, verursacht die Friedreich-Ataxie unter anderem Störungen des Bewegungsapparats, Spastiken, Schluckbeschwerden oder (selten) frühzeitige Demenz.
- Multiple Systematrophie (MSA): Verlangsamte Bewegungen, Muskelzittern, Muskelstarre oder Störungen der Bewegungskoordination sowie Schluckstörungen oder Sprechstörungen könnten auf MSA hinweisen – eine neurodegenerative Krankheit, welche verschiedenste Bereiche des Organismus betreffen und unter anderem zu einem schnellen Verlust der motorischen Kontrolle führen kann.
- Retinopathia Pigmentosa: Auch bekannt als Patermann-Syndrom, handelt es sich hierbei um eine degenerative Netzhauterkrankung, welche die Photorezeptoren der Augen schädigt. Nachtblindheit, Tunnelblick oder beeinträchtigtes Farbsehen gehören zu den typischen Symptomen der Augenkrankheit, die zur völligen Blindheit führen kann.
- Osteogenesis imperfecta: Auch bekannt als „Glasknochenkrankheit“, äußert sich durch eine Fragilität der Knochen, welche bei Betroffenen sehr leicht brechen. Diese seltene Erbkrankheit ist durch eine Mutation der Erbinformationen des Kollagens Typ I bedingt, was zu einer verminderten Stabilität des Knochengewebes führt. Betroffene sind stark auf orthopädische Produkte und Physiotherapien angewiesen, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.
Der Tag der seltenen Krankheiten hat bereits zu einem Umdenken in vielen medizinischen Bereichen und zu stärkeren internationalen Kooperationen geführt. Dass die Erkrankten durch den offenen Umgang mit ihren Schicksalen und ihrem dennoch ungebrochenen Lebenswillen etwas bewegen, zeigt sich beispielsweise in der Zahl der teilnehmenden Nationen. Während der erste Tag der seltenen Erkrankungen 2008 nur in 18 Ländern veranstaltet wurden, nahmen 2024 bereits mehr als 100 Länder daran teil.
Wie kann man Menschen mit seltenen Krankheiten helfen und sie unterstützen?
Sie haben Angehörige oder Freunde, die unter seltenen Krankheiten leiden und möchten diese mehr unterstützen? Schon die Bereitschaft, die besonderen Umstände der Betroffenen zu verstehen und sich darauf einzustellen, kann viel bewirken. Das Gefühl der Isolation ist eines der größten psychischen Probleme, denen Menschen mit seltenen Krankheiten gegenüberstehen. Zeigen Sie also Verständnis, lassen Sie sich die Herausforderungen, welche die betroffene Person täglich durchlebt, erklären. Geduldiges Zuhören und gelebte Empathie können diesen Menschen sehr viel helfen, da sie sich so weniger allein fühlen. Zeigen Sie Verständnis dafür, dass Ihre Freunde, Verwandten oder Bekannten nicht so leben können, wie ein Großteil der gesunden Bevölkerung.
Bieten Sie Ihre Hilfe an, Einkäufe zu erledigen, im Haushalt zu helfen und gerade so körperlich anstrengende Arbeiten wie das Putzen oder das Wäschewaschen zu übernehmen. Falls Sie die nötige Expertise besitzen, könnten Sie dafür sorgen, dass der Wohnraum barrierefrei und sicher gestaltet wird. Dabei kann es sich um so einfache Maßnahmen wie die Installation von Haltegriffen im Bad oder das Auslegen rutschfester Teppiche handeln. Natürlich sollten Kranke stets ermutigt werden, möglichst viel selbst zu tun, um sich eine selbstständige Teilnahme am Leben zu erhalten – gut abgesichert, weil im Zweifel jemand da ist, um zu helfen.
Versuchen Sie, Menschen mit seltenen Krankheiten die so schwer gewordene soziale Teilhabe zu erhalten. Leisten Sie ihnen Gesellschaft und nehmen Sie sie mit zu Unternehmungen. Dabei kann es sich um Spaziergänge im Park, Besuche bei Verwandten und Freunden oder Aktivitäten in der Sicherheit der eigenen vier Wände handeln. Spielen Sie Gesellschaftsspiele, kochen Sie zusammen oder schauen Sie gemeinsam Filme an.
Natürlich ist bei seltenen Krankheiten auch eine pflegerische Unterstützung denkbar. Diese kann darin bestehen, dass auf die korrekte und regelmäßige Einnahme von Medikamenten geachtet wird, oder dass Sie die Betroffenen zu Arztbesuchen oder Therapiesitzungen begleiten. Mitunter könnten Sie sogar gemeinsam nötige physiotherapeutische Übungen daheim oder in einer Praxis durchführen oder zumindest dabei helfen. Physiotherapie und Ergotherapie spielen bei der Behandlung vieler seltener Erkrankungen eine wichtige Rolle.
- Bei der Hereditären Spastischen Paraplegie (HSP) werden zum Beispiel regelmäßige, sanfte Dehnübungen durchgeführt, um die Beweglichkeit zu verbessern und die Muskelsteifigkeit zu verringern. Wärmepackungen oder warme Bäder sollen Muskelverspannungen lindern.
- Beim Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) können sanfte Sportarten mit minimaler Belastung, so wie Schwimmen oder Yoga, dazu beitragen, die Muskeln zu stärken, ohne die Gelenke und Sehnen zu belasten.
- Auch das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) erfordert möglichst frühzeitige Ergo- und Physiotherapie, um die Muskelfunktionen nach einer Erkrankung wiederherzustellen. Dabei kommt in vielen Fällen auch eine Atemtherapie zum Einsatz, da GBS sich negativ auf die Atemmuskulatur auswirken kann.
- Bei der Friedreich-Ataxie wird auf Koordinationsübungen gesetzt, um das Gleichgewicht und die Feinmotorik der Erkrankten zu verbessern.
Natürlich kommt es stets darauf an, dass die Person mit der seltenen Krankheit sich mit dem Maß an Aufmerksamkeit und Hilfe wohlfühlt. Der Schlüssel zu einer gelungenen Unterstützung ist die Balance zwischen Hilfe zur Selbsthilfe und einer angemessenen Hilfe von außen zu finden, um die Unabhängigkeit und Lebensqualität der Betroffenen zu stärken.
Hilfsmittel, die bei manchen seltenen Krankheiten den Alltag erleichtern
Bei vielen seltenen Krankheiten ist es nötig, bestimmte orthopädische Produkte wie Rollatoren, Rollstühle oder Gehhilfen zu kaufen, um so gut wie möglich am Alltagsleben teilnehmen zu können. Bei allen chronischen Leiden, die den Bewegungsapparat, die Körperkraft oder die Koordination beeinträchtigen, können die geeigneten Gehhilfen das Leben der Betroffenen spürbar verbessern. Gehhilfen wie Krücken oder Gehgestelle sind essenzielle Hilfsmittel, die Stabilität bieten, bei der Reduzierung von Schmerzen und Anstrengungen helfen und allgemein ein aktiveres, selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Hier einige konkrete Beispiele, warum das Kaufen von Gehhilfen sinnvoll sein kann:
- Bei der Hereditären Spastischen Paraplegie (HSP) kommt es zu einer fortschreitenden Steifigkeit und Schwäche der Beine. Gehhilfen helfen, dennoch das Gleichgewicht zu halten und Stürze zu vermeiden. Je nach Grad der Krankheit können Gehstöcke, Krücken oder Rollatoren dazu beitragen, dass Betroffene längere Zeit ohne einen Rollstuhl auskommen.
- Beim Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) in der hypermobilen Form führen die überbeweglichen Gelenke zu Instabilität und Schmerzen. Rollatoren oder Gehstöcke entlasten die Gelenke, weil sie das Körpergewicht mittragen und beugen so Verletzungen vor.
- Im Falle des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) werden Rollatoren oder Gehgestelle oftmals temporär während der Rehabilitation genutzt, um akute Muskelschwächen auszugleichen.
- Wer an einer Friedreich-Ataxie leidet, kann Gehhilfen kaufen, um sich trotz fortschreitender Koordinationsstörungen längere Zeit ein selbstständiges Gehen zu ermöglichen.
- Wenn man an einer Multiplen Systematrophie (MSA) erkrankt ist, droht ein schneller Verlust der motorischen Kontrolle. Hier helfen vor allem Rollatoren mit bequemen Sitzflächen, um Sicherheit und Ruhepausen zu bieten.
- Bei der Glasknochenkrankheit Osteogenesis imperfecta entlasten Gehstützen oder Gehwagen die Beine und helfen, Stürze zu vermeiden.
Kurz und knapp zusammengefasst, verbessern die geeigneten Gehhilfen das Leben von an seltenen Krankheiten leidenden Menschen folgendermaßen:
- Gehhilfen bieten mehr Unabhängigkeit, weil sie den Menschen helfen, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen.
- Geeignete orthopädische Produkte können zur Schmerzreduktion beitragen, weil sie die Belastung geschwächter Muskeln und Gelenke reduzieren.
- Gehstützen leisten Sturzprävention und minimieren das Risiko von Verletzungen.
- Die soziale Teilhabe wird durch Gehhilfen verbessert, weil Betroffene sich wieder aktiv im öffentlichen Leben bewegen können.
- Durch Erhaltung der Mobilität lässt sich die Notwendigkeit eines Rollstuhls mitunter verzögern. Doch natürlich ist auch mit modernen, leichten Rollstühlen eine aktive Teilhabe am täglichen Leben möglich.
Wir wünschen Allen, die an einer seltenen Krankheit leiden, an diesem und allen folgenden Tagen viel Kraft, weiterzumachen und sich niemals unterkriegen zu lassen. Mit jedem Jahr steigt die weltweite Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, in die Erforschung und Behandlung der seltensten Krankheiten zu investieren. Ihr seid „Selten“, doch Ihr seid nicht allein!